Wie sich dein Körper ans Kaltwasserschwimmen anpasst: 5 klare Anzeichen
Vom Eisschwimmen zum Kaltwasserschwimmen: Wie sich der Körper an Kälte anpasst
Mit dem April geht die klassische Eisschwimmsaison zu Ende. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Kaltwasserschwimmen vorbei ist – im Gegenteil. Jetzt beginnt eine Phase, in der viele Schwimmer die Vorteile ihrer Kälteanpassung besonders deutlich spüren. Doch woran merkt man eigentlich, dass sich der Körper wirklich an das kalte Wasser gewöhnt hat?
Ich schwimme seit fünf Jahren das ganze Jahr hindurch in der Havel und im Wannsee – ohne Neopren, nur im Badeanzug. Die Anpassung an die Kälte war dabei kein plötzlicher Moment, sondern ein fortlaufender Prozess. Jahr für Jahr wurde es etwas leichter. Manche Veränderungen traten schnell ein, andere ließen auf sich warten oder sind bis heute unterschiedlich stark ausgeprägt. Hier sind einige zentrale Merkmale, die zeigen, dass sich der Körper mit der Zeit auf die Kälte einstellt. Vielleicht hast Du diese Veränderungen auch schon bemerkt.
1. Das Brennen der Haut lässt nach
Wer zum ersten Mal ins eiskalte Wasser steigt, spürt oft ein unangenehmes Brennen auf der Haut. Das liegt daran, dass die Kälterezeptoren in der Haut plötzliche Temperaturunterschiede als Schmerz registrieren. Diese Reize werden ans Gehirn weitergeleitet und als brennendes Gefühl wahrgenommen. Mit der Zeit gewöhnt sich das Nervensystem daran und die Schmerzempfindlichkeit nimmt ab.
Tatsächlich kann ich mich kaum erinnern, dass ich dieses Brennen jemals stark gespürt habe. Falls es da war, hat es mich jedenfalls nie so sehr beschäftigt, dass ich es bewusst wahrgenommen habe. Bei anderen Schwimmern ist das unterschiedlich – einige berichten, dass dieses Gefühl nach einigen Wochen oder Monaten deutlich nachlässt.
2. Die Schnappatmung wird seltener
Kälterezeptoren auf der Haut lösen beim plötzlichen Kontakt mit sehr kaltem Wasser einen Reflex aus, der zu einer unkontrollierten, tiefen Einatmung führt – die sogenannte Kaltwasser-Schockreaktion. Dieser Reflex dient ursprünglich dem Überleben, kann im offenen Wasser aber gefährlich werden, wenn man dabei Wasser einatmet.
Mit der Zeit gewöhnt sich das Atemzentrum im Gehirn an die Kältereize, und die Atemreaktion wird stabiler.
Obwohl ich seit fünf Jahren täglich schwimme, tritt die Schnappatmung bei mir immer noch auf – allerdings nicht mehr so stark wie früher. Interessanterweise hängt sie nicht unbedingt von der Wassertemperatur ab, sondern eher davon, wie ich mich mental auf den Sprung ins kalte Wasser vorbereitet habe. An manchen Tagen bleibt meine Atmung ruhig, an anderen überrascht mich der Kältereiz doch wieder.
3. Hände und Füße bleiben länger beweglich
In kaltem Wasser verengen sich die Blutgefäße in den Extremitäten (Vasokonstriktion), um die Körperkerntemperatur zu schützen. Dadurch wird die Durchblutung in den Händen und Füßen reduziert, was zu Taubheitsgefühlen und Beweglichkeitsverlust führt.
Mit der Zeit lernt der Körper, diese Regulierung sanfter zu steuern. Dadurch bleiben Hände und Füße länger beweglich, auch wenn das Wasser kalt ist.
Seit dem letzten Jahr bemerke ich, dass meine Füße überhaupt keine Probleme mehr machen. Früher haben sie sich oft steif angefühlt, mittlerweile bleiben sie bis zum Schluss beweglich – ein Zeichen dafür, dass mein Körper die Kälteregulation inzwischen besser steuert. Die Hände hingegen werden bei Wassertemperaturen unter 5 Grad auch noch stärker unbeweglich oder wenn ich sehr lange Strecken in kaltem Wasser schwimme.
4. Das Nachzittern (Afterdrop) wird weniger
Nach dem Aufenthalt im kalten Wasser beginnt der Körper aktiv Wärme zu produzieren, um die abgesunkene Körpertemperatur wieder zu erhöhen. Eine der Hauptmethoden dafür ist das Kältezittern (Shivering) – unkontrollierte Muskelkontraktionen, die Wärme erzeugen. Wer regelmäßig Kälte ausgesetzt ist, merkt oft, dass das Zittern später einsetzt oder schwächer wird. Das liegt unter anderem daran, dass der Körper mehr braunes Fettgewebe bildet, das Wärme produziert, ohne dass Bewegung nötig ist. Auch die Durchblutung passt sich an, sodass die Körperkerntemperatur besser gehalten wird. Zudem verändert sich die Wahrnehmung: Der Körper kühlt zwar nach wie vor aus, aber das Gehirn verarbeitet die Kälte anders, sodass das Zittern als weniger unangenehm empfunden wird. Dennoch bleibt es eine normale Reaktion, insbesondere nach sehr langen oder intensiven Kälteschwimmeinheiten.
Obwohl ich mittlerweile sehr an das kalte Wasser gewöhnt bin, ist das Nachzittern bei mir nach langen, sehr kalten Schwimmeinheiten immer noch stark ausgeprägt. Ich kann allerdings nicht mehr genau beurteilen, ob es früher heftiger war, weil ich in diesem Jahr insgesamt längere Strecken im Eiswasser geschwommen bin als zuvor.
5. Weniger Frieren im Alltag
Wer sich an kaltes Wasser gewöhnt, friert oft auch im Alltag weniger. Das liegt nicht nur an einer besseren Durchblutung und Wärmeregulation, sondern auch an der veränderten Wahrnehmung. Das Gehirn stuft Kälte nicht mehr sofort als bedrohlich ein, sodass eine kühle Umgebung weniger unangenehm wirkt. Zudem erhöht regelmäßige Kälteexposition den Grundumsatz, sodass der Körper im Ruhezustand mehr Wärme produziert. Besonders an Händen und Füßen ist die Anpassung spürbar – während Ungeübte dort schnell frieren, bleibt die Durchblutung bei Kälteadaptierten stabiler. Auch die psychologische Komponente spielt eine Rolle: Wer regelmäßig ins eiskalte Wasser steigt, nimmt andere Formen von Kälte oft gar nicht mehr als besonders störend wahr.
Das ist übrigens eines der ersten Dinge, welches mir aufgefallen ist. Schon nach kurzer Zeit habe ich gemerkt, dass ich im Alltag weniger friere. Während andere im Herbst die dickeren Jacken rausholten, war mir oft noch angenehm warm. Ich halte besser in kühlen Räumen aus und schwitze eher in überheizten Umgebungen.
April: Der Übergang vom Eis- zum Kaltwasserschwimmen
Jetzt, Anfang April, spüre ich einen deutlichen Unterschied zum Winter. Das Wasser fühlt es sich für mich im Frühjahr oft kälter an als bei denselben Temperaturen im Herbst.
Warum fühlt sich das Frühjahr kälter an?
Ein möglicher Grund ist, dass der Körper im Herbst langsam in die Kältephase hineinwächst, während im Frühling bereits wärmere Lufttemperaturen den Kontrast zum kalten Wasser verstärken.
Für mich beginnt jetzt aber eigentlich die schönste Zeit zum Schwimmen. Wassertemperaturen zwischen 10 und 15 Grad sind für viele noch eisig, aber für mich ideal. Das Wasser ist glasklar, frisch und belebt – gleichzeitig kann ich wieder längere Strecken schwimmen, ohne sofort in eine gefährliche Unterkühlung zu geraten.
Häufige Missverständnisse zur Kälteanpassung
Ein häufiges Missverständnis unter Anfängern ist, dass man nach wenigen Wochen oder Monaten bereits „vollständig“ an die Kälte angepasst ist. Doch Kälteanpassung ist kein statischer Zustand – sie bleibt immer individuell und situationsabhängig. Auch erfahrene Schwimmer wie ich haben Tage, an denen sich das Wasser kälter anfühlt oder die Atmung herausfordernder ist.
Wer sich über mehrere Jahre hinweg an die Kälte gewöhnt, wird aber feststellen, dass viele der typischen Reaktionen schwächer werden. Manche verschwinden ganz, andere bleiben in abgeschwächter Form bestehen. Und genau das ist unter anderem für mich das Spannende am Kaltwasserschwimmen: Der Körper lernt nie aus – und jedes Jahr fühlt sich der Übergang vom Winter zum Frühjahr ein bisschen anders an.
Hast du die Kälteanpassung schon bemerkt? Teile deine Erfahrung in den Kommentaren!